TKP – Zentral Komitee

Aufruf zur Pflicht für ein lebenswertes Land: Wenn sie nicht regieren können,
WIR, DAS VOLK, WERDEN REGIEREN!

Vor zwei Jahren, gleich nach dem Erdbeben vom 6. Februar, bei dem zehntausende unserer Bürger:innen ihr Leben verloren, sagten wir: „Lasst uns tun, was wir können, um dieses System so schnell wie möglich loszuwerden.“ Die Gebäude hätten beim Erdbeben nicht einstürzen müssen, die Such-, Rettungs- und Hilfsmaßnahmen hätten viel besser durchgeführt werden können, und der Verlust von Menschenleben hätte minimiert werden können.
Betrüblicherweise machten wir uns zu Sklaven des Geldes und der Ignoranz, Städte waren zertrümmert, unter den Trümmern die Menschheit begraben.

Unser Land und unser Volk verdienten das nicht.
Dann erlebten wir Überschwemmungen, die das Ergebnis von Planlosigkeit und Plünderung waren. Wir konnten unsere Wälder nicht vor Bränden und der Gier der Bauunternehmen schützen.

Private Krankenhäuser töteten unsere Babys. Als Nahrung deckte uns die freie Marktwirtschaft vergiftete und verfälschte Produkte auf den Tisch.

Hunger, Armut und Arbeitslosigkeit waren das Hauptproblem für die große Mehrheit unserer Bürger:innen. Arbeiter:innen, Beamt:innen und Rentner:innen konnten kaum atmen.
Und dann kam der Brand: Das Hotel ging in Flammen auf, weil die Profitgier und der Machthunger der Behörden eine Kette von Nachlässigkeiten verursachten und die Brandbekämpfung durch mangelnde Vernunft und Planung verzögert wurde. Unsere Menschen mussten eine Wahl treffen: „Verbrennen oder aus mehreren Metern Höhe stürzen“

Jetzt suchen sie nach den Schuldigen, fragen und diskutieren: ‚Wer hatte die Verantwortung, wer erteilte die Genehmigung für das Hotel?‘

Und wir sagen wieder: ‚Wir müssen dieses System unverzüglich loswerden.“

Dies ist ein Aufruf zur Pflicht.

Wenn unsere Partei mit dem Slogan „Wir widersprechen!“ Proteste organisiert, nach dem Brand in Kartalkaya an die Tür des Ministeriums für Kultur und Tourismus klopft, Versammlungen in der ganzen Türkei organisiert und organisatorische Maßnahmen ergreift, dann hat sie nur ein Ziel: EIN LEBENSWERTES LAND ZU SCHAFFEN.

Als am 10. September 1920 die TKP gegründet wurde, war der Kampf für ein UNABHÄNGIGES LAND unsere Priorität. Schon vor diesem Moment übernahmen Kommunist:innen in vielen Städten, vor allem in Istanbul, schwierige Aufgaben im Kampf gegen die Besatzung. Sie überfielen britische Wachposten, beschafften Waffen und Munition für den Nationalen Befreiungskrieg und organisierten Streiks.

Die ersten Führungskräfte unserer Partei, Mustafa Suphi und 15 unserer Genossen, wurden am 28. Januar 1921 während dieses Kampfes heimtückisch ermordet.

Wenn wir 104 Jahre später keinen Scham empfinden und trotz unserer Fehler und Unzulänglichkeiten sagen können: „Gut, dass wir zur TKP gehören“, dann verdanken wir das vielen Kommunistinnen und Kommunisten, die ihr Leben für die Menschen eingesetzt haben.

Bürgerinnen und Bürger,
Das ist nicht die Türkei, und das sollte sie auch nicht sein. „Wir widersprechen“ der heutigen Situation. Schrei ist ein Zeichen von Verzweiflung; wir sind nicht verzweifelt, wir schreien nicht, wir rufen auf.

Die Türkei wird nicht regiert. Ihr Justizwesen, ihr Finanzwesen, ihre Landwirtschaft, ihre Außenpolitik, ihr Bildungs- und Gesundheitswesen werden nicht verwaltet. Sie werden getrieben.

Die TKP sieht im Gegensatz zu einigen anderen Oppositionskräften nicht nur die Regierung und die AKP als Quelle des Problems. Die AKP und Erdoğan sind verantwortlich, aber trotz all des Unmuts und der Kritik gibt es Gründe, warum diese Partei mehr als 20 Jahre lang an der Macht bleiben konnte. Während der AKP-Herrschaft haben Großkonzerne enorme Profite gemacht, und die Türkei wurde mit unbegrenzter und ungezügelter Ausbeutung und Ausplünderung allein gelassen. Die Regierung ist schuldig, weil sie diesen Prozess gesteuert und zu diesem Zweck einen schweren Angriff auf den Säkularismus und die Werte der Republik geführt hat. Die Frage ist jedoch die folgende: Hat die Türkei die Chance auf einen Aufschwung, ohne mit dem System der Konzerne und Sekten abzurechnen? Alle Parteien, die diese Frage mit ‚Ja‘ beantworten, lügen.

Dieses Land sollte regiert und nicht getrieben werden.

Die Türkei sollte mit einer staatsorientierten Wirtschaft regiert werden. Denn die Marktwirtschaft dient den privaten Interessen und führt dazu, dass eine kleine Minderheit riesigen Reichtum anhäuft, während die große Mehrheit der Bevölkerung durch Ausbeutung verarmt.

In der Türkei sollte eine Planwirtschaft herrschen. Denn Planung bedeutet, die Ressourcen gleichmäßig und produktiv im Einklang mit den Anforderungen von Wissenschaft und Gesellschaft zu nutzen.

In der Türkei muss der Säkularismus in der Politik und im öffentlichen Bereich etabliert werden. Die Glaubens- und Kultusfreiheit ist ein grundlegendes Menschenrecht und darf nicht angetastet werden. Säkularismus jedoch ist der Ausschluss religiöser Überzeugungen aus der Sphäre des Staates und der Politik. Es gibt keine andere Definition von Säkularismus. Dieses Land hat einen zu starken aufgeklärten Hintergrund, als dass wir uns die Absurdität erlauben könnten, von Sektierern zu lernen, was Säkularismus ist.

Die Türkei muss unabhängig sein. Ausländische Militärstützpunkte müssen geschlossen werden, und die Türkei muss aus der NATO austreten. Die Türkei muss ihr Territorium schützen, darf nicht zulassen, dass die bestehenden Grenzen zur Diskussion gestellt werden, und muss unverantwortliche Machthaber loswerden, die das Territorium anderer Länder begehren und Eroberungsreden halten.

Die Türkei muss demokratisch sein. Das Volk muss an den Regierungs- und Entscheidungsprozessen teilhaben, die Politik darf kein Beruf und kein Privileg mehr sein, das Parlament muss eine Volkstribüne sein, die unsere produzierenden, schaffenden und arbeitenden Bürger:innen vertritt, und keine Macht darf über ihm stehen.

Dies sind die grundlegenden Merkmale der sozialistischen Türkei, die die Kommunist:innen anstreben. Wir werden ein solches Land mit den Anstrengungen der Arbeiterklasse, der Werktätigen, der armen Bauern, der patriotischen und sozialistischen Intellektuellen erreichen.

Nicht in einer unbekannten Zukunft, sondern so schnell wie möglich.

Die TKP ruft unser Volk dazu auf, an sich und an sein Land zu glauben.
Das ist nicht die Türkei. Das sollte sie nicht sein.

Eine Handvoll Ausbeuter, Geldhaber, Sektenscheichs und Politmakler dürfen die Türkei nicht vertreten. Die gewissenhafte, aufrichtige, arbeitende Mehrheit dieses Landes muss sich erheben und sagen: „Ich will mein Land“.

Bürgerinnen und Bürger,
Es wird gesagt: ‚Die TKP missbraucht das Erdbeben, den Brand und die Flut!‘ Nein, die TKP möchte, dass unser Volk nicht stirbt.

Es wird gesagt: ‚Die TKP nutzt Hunger und Armut für ihre eigenen Interessen!‘ Nein, die TKP möchte, dass Hunger und Armut beseitigt werden.

An der Gründung dieses Landes waren auch Kommunist:innen beteiligt. Das Bild, das nach dem großen Kampf um die Unabhängigkeit und die Republik entstanden ist, passt nicht zu uns und unserem Land.

Einige sind überrascht, andere sind verärgert darüber, dass bei den Demonstrationen der TKP die türkische Fahne getragen wurde. Wir erinnern daran, weil es wieder auf der Tagesordnung steht: Diese Fahne ist Ausdruck unseres Respekts vor dem Kampf vor hundert Jahren, unseres Patriotismus, unseres Vertrauens in dieses Land, in unser Volk und in die Zukunft. Wir werden diese Fahne nicht fallen lassen.

Wir haben auch Kommentare gelesen wie: „TKP hat richtig reagiert, obwohl die Hotelgäste hauptsächlich wohlhabende Leute waren“. Das hat uns traurig gemacht. Glaubt man wirklich, dass wir, weil wir für die Beseitigung von Ungleichheit und Ungerechtigkeit kämpfen und gegen die Kapitalistenklasse wütend sind, nicht von der Tragödie unserer Mitbürger betroffen sind, die mit ihren Familien in den Urlaub fahren? Der Kampf macht uns nicht gefühllos, im Gegenteil, es trifft uns mehr, was wir erlebt haben.

Bei dem Brand sind auch Werktätige, die im Hotel beschäftigt waren, ums Leben gekommen, ebenso wie einige der Gäste, die sich verschuldet haben, um ihre Kinder in den Urlaub zu bringen. Nur weil wir eine Partei der Arbeiterklasse sind, haben wir unsere Trauer nicht ungleichmäßig verteilt. Für jedes verlorene Leben haben wir eine Nelke in unserem Herzen hinterlassen.

Wir werden noch härter arbeiten, damit unsere Menschen nicht auf diese Weise sterben müssen.

Genau jetzt rufen wir mit größerer Kraft die Werktätigen auf, sich der TKP anzuschließen, um mit ihren Klassenbrüder und -schwestern in unserer Partei zusammenzukommen. Ihr produziert, arbeitet Tag und Nacht und bekommt Armut dafür. Nein, wir werden produzieren und herrschen!

Wir rufen die Wissenschaftler:innen, die Künstler:innen und die patriotischen Intellektuellen unseres Landes auf, sich auf eine lebenswerte Türkei vorzubereiten und unsere Kreativität für ein Land zu nutzen, in dem Gleichheit, Brüderlichkeit, Freiheit und Wohlstand herrschen, anstatt ein treibendes und unregierbares Land zu sein. Wir werden dieses Land nicht mit einem individuellen, sondern mit einem kollektiven Verstand aufrichten, Das ist unser Anspruch und unser Wille.

WENN SIE NICHT REGIEREN KÖNNEN, WIR, DAS VOLK, WERDEN REGIEREN!
TKP-Zentralkomitee
27. Januar 2025