TKP – Zentral Komitee

Ein Aufruf der TKP gegen die Preiserhöhung
des ÖPNV in Istanbul.

Wir meinen, dass dieser Protest in Istanbul für die deutschen LeserInnen interessant ist, da das protestierte liberale Konzept ein „Exportartikel“ der EU – vor allem aus Deutschland – war.

Die Türkei, als EU Mitgliedsanwärter, wurde von der EU gezwungen, die öffentlichen Dienstleistungen zu privatisieren und diese in die Hände einzelner, gewinngetrimmter Privatunternehmen zu überlassen.

Wir vergessen nicht:
Dieses liberale Konzept wurde zuerst in der Bundesrepublik umgesetzt. Damals wurde dagegen leider kein ernsthafter Protest erhoben, denn dieses volksfeindliche liberale Konzept gehörte der Rot-Grünen Koalition und wurde von ihr mit aller Entschiedenheit in Kraft gesetzt. Die Dreistigkeit trieben sie soweit, das Arbeitsamt „Agentur“ und die Arbeitslosen „Kunden“ umzubenennen. Auch die Gewerkschaften unter dem starken Einfluss der SPD schwiegen vor der Privatisierungswelle, obwohl es schon damals bekannt war, dass die Argumentation, dass die öffentlichen Dienstleistungen verbessert werden würden, eine glatte Lüge war.

Bestünde die Vorhut der neoliberalen Reformen in der BRD nicht aus der verräterischen SPD und scheinbar links gesinnten Grünen, sondern aus einer CDU-CSU-Regierung, gingen sicherlich Millionen auf die Straße.

Die SPD, die ihre Aufgabe damals erfolgreich realisierte, beharrt noch heute auf die Fortsetzung dieser neoliberalen Politik. In einem der reichsten Länder der Welt müssen wir uns immer wieder anhören, dass es nicht genug Geld für die öffentlichen Dienstleistungen gäbe. Auch die Partei „Die Linke“, die angebliche neue Heimat der Sozialdemokratie, hält dies als Normalität.

Ironie der Politik:
Auch Imamoglu, der Oberbürgermeister von Istanbul wurde bei den Kommunalwahlen von den Sozialdemokraten den WählerInnen als „die“ große Hoffnung präsentiert.
In der Tat gelten die u. g. Argumente der TKP auch für die Bundesrepublik:

Wir lehnen den 35 % Preisanstieg des ÖPNV ab!

Die für den Großraum Istanbul verbindliche Verordnung  des Koordinationszentrums vom 7. Februar 2020, mit der die Preise des öPNV in Istanbul um 35 % erhöht wurden, kann nicht akzeptiert werden. Der Oberbürgermeister von Istanbul, Imamoglu und andere Verantwortliche begründeten diese Preiserhöhung mit der mittlerweile unerträglich gewordenen Kostenanstieg, die in den letzten drei Jahren nicht auf die Preise umgelegt worden seien.                                                                                                                         

Diese Begründung ist unzulässig, die Logik dahinter haltlos.

Erstens:
Auch wenn es stimmt, die Preiserhöhungen im Bereich der Dienstleistungen in den letzten drei Jahren unter der Inflationsrate gehalten wurden, hatte dies für das Volk kein Spareffekt. Die ab Februar 2020 geltende 35 %ige Preiserhöhungen jedoch sin eine Realität auf der Ausgabenseite. Die scheinbar  auf eine Realität zielende Begründung gilt dem Versuch als Vorwand, das Volk die Rechnung bezahlen zu lassen.

Zweitens:
Der Mindestlohn wurde im Januar dieses Jahres um 15 % erhöht. Ein großer Teil der Werktätigen kommen aber nicht auf den Genuss  dieser Erhöhung. Deshalb ist die 35 %ige Erhöhung der ÖPNV-Preise für die Menschen, deren Einkommen nur 15 % erhöht wurden, nicht akzeptabel.

Drittens:
Inflationsbereinigt ist das Einkommen des Volkes in den letzten 3 Jahren nicht gestiegen, sondern erheblich gesunken ist. Es ist keine gerechte Entscheidung, die gestiegenen Kosten vom Volk bezahlen zu lassen.

Viertens:
Die Tatsache,  die öffentlichen Dienstleistungen als gewinnbringende Profitcenter zu organisieren, führte zu dieser Entwicklung. Die Maßnahmen gegen die Verluste der auf Gewinn getrimmten städtischen Unternehmen dürfen nicht darauf  basiert werden, die Belastungen des Volkes zu erhöhen, sondern die städtischen Dienstleistungen von dem Markt-Konzept abzukoppeln. Öffentliche Dienste sind keine Ware, sondern ein Bürgeranspruch. Man kann ohne Geld keine Ware erwerben. Der Anspruch jedoch kann weder verkauft noch gekauft werden.

Wir rufen der Verantwortlichen der Metropolregion Istanbul, dem Stadtparlament und dem Oberbürgermeister zu:

Als BürgerInnen von Istanbul sind wir keine Kunden, sondern BürgerInnen. Innerhalb der Stadt zu verkehren, unsere Arbeitsplätze und unser Zuhause zu erreichen ist nicht eine mit Geld messbare Ware, sondern unser Anspruch als Bürger.

Als das Volk in Istanbul sind wir keine Herde. Wir akzeptieren die Auferlegung nicht.

Versucht alle Gründe in Einzelheiten dem Volk präzise zu erklären und uns zu überzeugen.

Wenn eure auf Gewinn getrimmten Unternehmen rote Zahlen schreiben, dürft ihr als die Lösung uns nicht verarmen. 

Die Lösung liegt in der Änderung des städtischen Konzepts.

TKP İstanbul Organisation
09.02.2020