TKP – Zentral Komitee

DIE AKP IST VON DER ISTANBUL-KONVENTION
ZURÜCK GETRETEN

Die Gründe des Rücktritts

Die Aufhebung des Istanbuler Konvention war für die AKP aus zwei Gründen notwendig. Erstens möchte die AKP, die über eine eigene Polizei und Justiz verfügt, einige der Verantwortlichkeiten loswerden, die den für sie tätigen Beamten „Ärger“ bereiten. Zweitens polarisiert sich die AKP ständig mit etwas ab, um ihren eigenen Wahlkreis zu konsolidieren. Reicht es nicht aus, mit den Gründern der Republik abzurechnen, so rechnet sie auch mit sich selbst ab. Denn sie hat jetzt den Vertrag angegriffen, den sie vor 9 Jahren zwangsläufig selber unterschrieb.

Unter der Regierung der AKP wurde das Istanbul-Konvention sowieso nicht richtig umgesetzt. Jedoch konnte sie und mit ihr verbundenes Gesetz Nr. 6284  in einigen Fällen dank der Bemühungen einigen Anwälte und Justizmitglieder sowie der Frauenorganisationen in Betracht gezogen werden. Auch diese Ausnahmen waren für die AKP und reaktionären Kreise zu viel.

Denn diese durch viele Kämpfe erzielten Errungenschaften können der Polizei und Justiz der AKP von Zeit zu Zeit Ärger bereiten. Sie wollen, dass die Polizei keinen „Ärger bekommt“, wenn sie die einer Gewalt ausgesetzte Frau einfach zurück nach Hause schickt oder dem gewalttätigen Ehemann die Adresse mitteilt, in der die Frau Zuflucht sucht. Sie wollen, dass die Richter, die die notwendigen Maßnahmen nicht treffen, um die Sicherheit der Frauen zu gewährleisten, keine „Kopfschmerzen“ bekommen. Kurzum: Die AKP möchte den Rücken seiner Untergebenen im öffentlichen Dienst stärken.

AKP konnte anscheinend nicht einschätzen, dass das Abkommen, das sie vor 9 Jahren, um Schwierigkeiten auf der internationalen Arena zu vermeiden, ratifiziert hatte, so viel Ärger verursachen würde.

Jetzt versucht sie die Krise in eine Chance um zu wandeln, indem sie ihren Wählern demonstriert, dass sie „trotzt“ dem internationalen Druck den sogenannten traditionellen „türkischen Familienstruktur“ treu bleibt. Gleichzeitig setzen sie ihre Behauptung fort: „Wir tun, was wir wollen, wir fordern die Welt heraus!”

Kurz gesagt: Die AKP hatte vor neun Jahren die Vereinbarung zum Sammeln von Punkten unterzeichnet und zieht sich jetzt aus der Vereinbarung zum Sammeln von Punkten zurück.

Auf internationaler Ebene ist es nicht üblich, dass ein Land dafür bestraft wird, weil es die Bestimmungen eines internationalen Abkommens nicht einhält. Eine Partei der Konvention zu sein, ist etwas, was Länder freiwillig tun. Es wird keine Sanktionen dagegen folgen.

Und das Gesetzt Nr. 6284

In der Praxis kann man jedoch nicht sagen, dass alle Richter in der Türkei die Konvention kennen. Es gibt aber ein Gesetz, das nach der Istanbuler Konvention erlassen wurde und „Gewalt gegen Frauen“ gemäß der Konvention definiert und die zu treffenden Maßnahmen festlegt: Gesetz Nr. 6284.

Diejenigen, die Probleme mit der Istanbuler Konvention haben, führen das Problem auch auf das Gesetz mit der Nummer 6284 zurück.

Es definiert Frauen und Familienmitglieder, die Gewalt ausgesetzt sind, als „geschützte Person“. Dementsprechend kann die Zivilbehörde den Schutz, die Unterstützung bei der Unterbringung und die finanzielle Unterstützung der geschützten Person beschließen. In dringenden Fällen kann auch der Strafverfolgungsbeamte über den Schutz und die Bereitstellung von Unterkünften Entscheidung treffen.

Zu den vorbeugenden Maßnahmen gehört die Entfernung des Täters von der geschützten Person, dem Heim und anderen Familienmitgliedern.

Das Gesetz besagt, dass zuerst eine Vorsichtsmaßnahme getroffen wird, wenn zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Vorfall oder eine Gefahr von Gewalt vorliegt. In diesem Land, in dem täglich mehr als eine Frau getötet wird, bedeutet dieses Prinzip, dass die Untersuchung des Vorwurfs erst dann eingeleitet wird, nachdem die Maßnahmen zur Sicherheit der Frau ergriffen wurden. Dies wurde in dem Artikel mit dem folgenden Satz klar und deutlich artikuliert: „Die Aussage der Frau ist wesentlich.“

Und wenn es auch um Homosexualität geht …

Ein Punkt, der die unerträgliche Leichtigkeit des Angriffs auf die Istanbuler Konvention für AKP-Mitglieder schafft, ist das folgende Argument: “Die Betonung der Homosexualität in der Konvention zog die Reaktion der Menschen auf sich!”

Hier gibt es Ausdrücke von „sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität“, der besagt, dass Menschen in keiner Weise aufgrund ihrer sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität diskriminiert werden dürfen.

Dieses äußerst grundlegende Prinzip der Menschenrechte wird ständig angegriffen, als wäre sie die Schwachstelle der Konvention. Während um andererseits die Istanbuler Konvention gegen den Angriff der Reaktion verteidigt wird, ist es auch falsch zu sagen, „Homosexualität wird nicht betont“. Es ist so, als würden sie davon überzeugt werden können, wenn Homosexualität in der Istanbuler Konvention nicht mehr im Vordergrund stünde! Als ob in der Betonung auf „keine Diskriminierung gegen Homosexuellen“ etwas zu verbergen ist!

Die Wirkung des Gesetzes ist begrenzt.

Im heutigen Türkei der AKP ist Gewalt gegen Frauen ein Thema, das sich in jeder Zelle der Gesellschaft verbreitet hat. Von der Justiz bis zur Polizei, von Pädagogen bis zu Angehörigen der Gesundheitsberufe, von politischen Entscheidungsträgern bis zu Menschen auf der Straße… Die Aussagen, die die Gewalt gegen Frauen legitimieren, haben mehr oder weniger in den Köpfen aller Platz geschaffen.

Von denjenigen, von denen erwartet wird, dass sie gegen Gewalt an Frauen vorgehen, darunter politischen Entscheidungsträgern, der Polizei und Justiz nehmen diejenigen, die bereits unter dem Einfluss der religiös-reaktionären Ideologie stehen, viel Platz ein. Für diese ist es viel einfacher, Gewalt gegen Frauen zu rechtfertigen. Wenn eben diese diejenigen sind, die Vorsichtsmaßnahmen aus erster Hand treffen und die Gesetze anwenden müssen, entsteht eben die aktuelle Situation.

Ein unzertrennlicher Teil des sozialen Kampfes

Die Istanbuler Konvention ist sehr wichtig, um Gewalt gegen Frauen anzuerkennen und die Grundlage für den rechtlichen Kampf gegen sie zu bilden.

Andererseits ist es offensichtlich, dass die erforderlichen qualifizierten Kader nicht zugewiesen werden, damit die im Übereinkommen festgelegten Maßnahmen und die einschlägigen rechtlichen Grundlagen umgesetzt werden können. Es ist klar, dass die AKP die Gewalt gegen Frauen nicht reduzieren will, und eine soziale Situation, in der die Gewalt gegen Frauen abnehmen wird, stimmt nicht mit den politischen Plänen der AKP überein. In der Ordnung der AKP ändert sich diese Situation nicht, unabhängig davon, welcher Vertrag unterzeichnet wurde.

Aus diesem Grund ist die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen weiterhin ein unzertrennlichen Teil des sozialen Kampfes.

Fatma Pınar Arslan

Deine Unterschrift zählt!